Stall ohne Dach: Auslauf oder nicht?
Mögliche Verwässerung der Definition von Auslauf ins Freie würde ein Rückschritt für das Tierwohl in der Landwirtschaft bedeuten
Gestern hat sich die Wirtschafts- und Abgabekommission des Nationalrats (WAK-N) gegen eine erhebliche Abschwächung des freiwilligen Tierwohlprogramms für regelmässigen Auslauf ins Freie (RAUS) ausgesprochen. Die Trägerorganisationen der Auslauf-Initiative – KAGfreiland, Sentience, die Stiftung für das Tier im Recht (TIR) und VIER PFOTEN – hoffen, dass der Nationalrat dem Vorschlag seiner Kommission folgt und sich nicht der Entscheidung des Ständerats anschliesst. Die Motion stellt eine wichtige Frage: Soll ein Stall ohne Dach als Auslauf gelten? Für die Organisationen ist es eindeutig: ein fehlendes Dach eines landwirtschaftlichen Betriebs darf nicht als Zugang ins Freie gelten. Ausserdem zeigen die Diskussionen: Ein echter Zugang ins Freie für landwirtschaftlich gehaltene Tiere muss dringend zum gesetzlichen Mindeststandard werden.
Im vergangenen März reichte Damian Müller die Motion «Anpassung der RAUS-Bestimmungen im Sinne von Umwelt und Tierwohl» (25.3231), im Ständerat ein, der sie angenommen hat. Gefordert wird damit die Abschaffung derjenigen RAUS-Vorschrift, die verlangt, dass mindestens eine Seite des Auslaufs vollständig offen sein muss. Konkret würde das bedeuten, dass schon eine Öffnung im Dach als gleichwertiger Auslauf ins Freie gilt. Eines ist klar: Diese als «im Sinne des Tierwohls» deklarierte Massnahme entwertet das RAUS-Programm, untergräbt das Grundprinzip von echtem Auslauf und wäre ein klarer Rückschritt für das Tierwohl.
Wir begrüssen die Ablehnung dieser Motion der WAK-N und hoffen, dass der Nationalrat dieser Empfehlung folgen wird. Denn: «Zu behaupten, eine Stallfläche ohne Dach könne echten Auslauf ersetzen, täuscht die Öffentlichkeit und ignoriert die gesellschaftlichen Erwartungen an das Tierwohl.» – Naomi Rey, Co-Geschäftsleiterin von Sentience.
Es braucht dringend eine gesetzliche Verankerung
Während die Bevölkerung klare Fortschritte erwartet, sendet diese Motion ein Signal der Verschlechterung. Sie zeigt, wie fragil freiwillige Programme sind und dass das Wohl der landwirtschaftlich gehaltenen Tiere noch immer nicht ausreichend ernst genommen wird. «Der Zugang ins Freie darf kein Privileg mehr für rund 15 Prozent der Tiere sein, sondern sollte zum verbindlichen Mindeststandard für alle Tiere in der Schweiz werden» – Simone Steiner, Medienverantwortliche von KAGfreiland.
Die Auslauf-Initiative will regelmässigen Auslauf für alle landwirtschaftlich gehaltenen Tiere zur gesetzlichen Basis machen. Damit wird eine zentrale Lücke im Tierschutz geschlossen und zugleich die Schweizer Landwirtschaft nachhaltig gestärkt. Sie macht wahr, was viele in der Schweiz für selbstverständlich halten. Vor dem offiziellen Start der Initiative führen die Organisationen eine Vorkampagne, um Menschen zu mobilisieren, die die Initiative durch die Zusicherung von Unterschriften und/oder Spenden unterstützen. Die offizielle Unterschriftensammlung beginnt frühestens im Frühjahr 2026.
Kontaktperson

Co-Geschäftsleitung und Kampagnenleitung
