Logbuch: Das Leben eines Masthuhns in intensiver Geflügelhaltung

Das Gewicht eines Masthuhns nimmt in seinem kurzen Leben um das 33-fache zu. In der Schweiz werden jedes Jahr fast 80 Millionen Masthühner geschlachtet, 92% davon werden in intensiver Geflügelhaltung aufgezogen. Ihr Leiden ist vorprogrammiert, denn es ist in ihren Genen verschlüsselt. Das ist ihre Geschichte.

Das kurze und tragische Leben eines Masthuhns in intensiver Geflügelhaltung

Tag 1: Ich wiege kaum 50 Gramm und bin gerade in einem Brutkasten geschlüpft. Wir sind dicht an dicht gedrängt. Um uns herum blinken kleine Lichter: Hitze, Feuchtigkeit und künstliches Licht bestimmen unseren Alltag.

Tag 6: 360 Gramm. Seit drei Tagen wird einem meiner Artgenossen etwas verabreicht*, aber es hat nicht geholfen. Vor ein paar Minuten hörte er auf zu atmen und der Mensch hat ihn weggebracht. Ich habe ihn nie wieder gesehen. In der Zwischenzeit füttern sie mich unablässig.

Tag 14: 840 Gramm. Die Fütterung hört nicht auf. Meine Beine werden schwer, mein Herz schlägt schneller und meine Sicht verschwimmt.

Tag 21: 1,3 Kilogramm. Ein schwaches Licht dringt zu mir durch, doch es brennt in meinen Augen, die durch den staubigen Boden ausgetrocknet sind. Einige Mutige haben versucht, nach draussen zu gehen, aber mir fehlt die Kraft. Meine Beine sind so schwer, dass ich kaum noch aufstehen kann.

Tag 33: 2 Kilogramm. Um mich herum bewegt sich niemand mehr. Wir liegen flach auf dem Boden, atmen schwer, mit verbrannten Beinen**, gebrochenen Knochen und erschöpften Herzen. Ein grelles Licht erhellt den Raum. Unsere Beine sind deformiert, die Augen ausgetrocknet, die Brust verbrannt. Sie heben uns auf und stopfen uns in Kisten. Wohin sie mich bringen, weiss ich nicht.

Ein Masthuhn nimmt in seinem kurzen Leben das 33-fache an Gewicht zu. Es pickt nicht, es läuft kaum, und fliegen kann es schon gar nicht.

In der Schweiz werden jährlich fast 80 Millionen Masthühner geschlachtet, von denen 92% unter den beschriebenen Bedingungen aufgezogen werden. Ihr Leid ist unausweichlich, da es genetisch vorbestimmt ist. Coop und Migros, die gemeinsam fast 80% des Marktes kontrollieren, tragen massgeblich zu dieser Entwicklung bei. Doch sie haben auch die Macht, etwas zu ändern.

Ein anderer Weg ist möglich: Die Umstellung auf langsamer wachsende Hühnerrassen

Sentience fordert Coop und Migros auf, bis Ende 2026 vollständig auf schnellwachsende Hybrid-Masthühner zu verzichten und sie durch robustere, langsamer wachsende Rassen zu ersetzen, die den Standards der Europäische Masthuhn-Initiative entsprechen.

Langsamer wachsende Hühnerrassen leiden weniger und sind insgesamt gesünder: Es gibt weniger vorzeitige Todesfälle, weniger Erkrankungen des Bewegungsapparats, weniger Knochendeformationen und weniger Fälle von Kontaktdermatitis oder Verbrennungen der Krallen. Diese Hühner sind auch weniger gestresst. Anders als schnellwachsende Hybrid-Masthühner, die den Menschen meiden, sind diese Vögel neugierig und nähern sich den Menschen.

Derzeit stammen in der Schweiz nur 8% der Hühner von langsamer wachsenden Rassen. Lassen Sie uns gemeinsam das Ruder herumreissen. Zeigen Sie den orangen Riesen, dass Ihnen das Wohlergehen der Hühner am Herzen liegt, indem Sie unsere Petition unterzeichnen!

*Vor dem 6. Tag erhalten die schwächsten Küken Antibiotika, um die Verluste der Landwirt:innen zu minimieren. Dennoch sterben 2 bis 4% der Hühner, bevor sie geschlachtet werden. Diese Praxis zielt in erster Linie darauf ab, die Gewinnspannen zu schützen.

**Schnellwachsende Hybrid-Masthühner leiden an Verbrennungen der Sprunggelenke, Beine und Füsse. Diese Verbrennungen entstehen, wenn Ammoniak aus den Ausscheidungen anderer Vögel die Haut angreift und schmerzhafte braune Geschwüre bildet. Dieser Zustand verursacht nicht nur Unbehagen, sondern kann auch zu Mobilitätsproblemen und einem erhöhten Risiko für bakterielle Infektionen führen.

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