Migros senkt Tierschutzstandards: Ein Rückschritt für Ethik und Nachhaltigkeit
Die Migros hat kürzlich angekündigt, dass importierte Fleischprodukte künftig nicht mehr den Schweizer Tierschutzstandards entsprechen müssen. Dies stellt einen erheblichen Rückschritt für die Tierrechte, die Transparenz gegenüber Verbraucher:innen sowie für den Ruf der Schweiz als Vorreiterin einer verantwortungsvollen Lebensmittelproduktion dar. Sentience ist zusammen mit vielen anderen Organisationen, die sich für die Reduzierung von Tierleid und die Förderung einer bewussten Ernährung einsetzen, zutiefst besorgt über diese Entwicklung.
Abkehr von den Tierschutzverpflichtungen
Obwohl die Schweiz international für relativ hohe Tierschutzstandards bekannt ist, gibt es erheblichen Verbesserungsbedarf, um sicherzustellen, dass sogenannte Nutztiere mit der ihnen gebührenden Sorgfalt und Achtung behandelt werden.
Durch die Abschaffung der Anforderung, dass importiertes Fleisch den Schweizer Standards entsprechen muss, entscheidet sich die Migros faktisch dafür, niedrigere Kosten über das Wohlergehen nicht-menschlicher Tiere zu stellen. Dies ist ein bedauerlicher Bruch mit den bisherigen Verpflichtungen der Einzelhändlerin gegenüber Nachhaltigkeit und ethischer Beschaffung.
Die Schwächung der Standards stoppt nicht nur den Fortschritt im Bereich des Tierschutzes, sondern untergräbt auch bestehende Schutzmassnahmen – und erschwert damit künftige Verbesserungen. In vielen Ländern ist die industrielle Massentierhaltung nach wie vor erlaubt, in denen Tiere unter extremer Enge, schmerzhaften Eingriffen ohne Betäubung und harten Transportbedingungen leiden, die in der Schweiz illegal wären. Durch die Akzeptanz dieser niedrigeren Standards ermöglicht die Migros mehr Tierleid.
Ein Bruch der Versprechen gegenüber den Konsumierenden
Letztes Jahr lancierten wir bei Sentience die Kampagne «Qualzucht STOPPEN!», in der wir Migros und Coop aufforderten, bei der Hühnermast auf Hochleistungsrassen zu verzichten und sich bis 2026 zur Europäischen Masthuhn-Initiative (European Chicken Commitment) zu verpflichten. Dank unserer grossartigen Gemeinschaft konnten wir über 12’825 Unterschriften sammeln und übergaben unsere Petition an beide Grossverteiler. Sie sind bereit dazu, die Gespräche im Sommer 2025 fortzusetzen. Doch diese neue Entscheidung der Migros erschwert den Dialog zweifellos und es stellt ihr Versprechen gegenüber uns und allen, die die Petition unterzeichnet haben, infrage – nämlich, weiterhin an Verbesserungen beim Tierwohl zu arbeiten.
Migros hat sich lange als sozial verantwortliches Unternehmen präsentiert, das sich für Nachhaltigkeit und ethische Geschäftspraktiken einsetzt. Tatsächlich hat die Migros ihrer Kundschaft ausdrückliche Versprechen gegeben, insbesondere im Rahmen der Nachhaltigkeitsinitiative «Generation M», dass importierte Produkte den Schweizer Tierschutzstandards entsprechen. Diese jüngste Entscheidung stellt einen klaren Bruch dieses Versprechens dar, untergräbt das Vertrauen der Verbraucher:innen und lässt Migros‘ Nachhaltigkeitsansprüche unglaubwürdig erscheinen.
Sentience stellt sich gegen diese Entscheidung
Gemeinsam mit anderen Tierrechts- und Umweltorganisationen haben wir einen offenen Brief unterzeichnet, in dem wir die Migros dazu auffordern, ihre Haltung zu überdenken. In dem Brief wird betont, dass Migros’ Nachhaltigkeitsanspruch im Widerspruch zur Entscheidung steht, Fleisch zu importieren, das nicht den Schweizer Standards entspricht. Zudem wird betont, dass Einzelhändler die Verantwortung haben, das Konsumverhalten zu beeinflussen, anstatt sich lediglich kurzfristigen Markttrends anzupassen.
Die Entscheidung der Migros, Fleisch zu importieren, das nicht den Schweizer Tierschutzstandards entspricht, bedroht direkt unsere bevorstehende Volksinitiative, die Auslauf für alle Tiere in der Schweizer Landwirtschaft fordert. Indem die Migros eine offensichtliche Doppelmoral schafft – eine für Schweizer Produzierende und eine andere für ausländische Importe – untergräbt die Grossverteilerin aktiv die Bemühungen zur Verbesserung der Haltungsbedingungen. Dieser Schritt setzt nicht nur Schweizer Landwirtschaftsbetriebe mit höheren Standards wirtschaftlich unter Druck, sondern fördert auch die Expansion industrieller Landwirtschaftspraktiken, die Profite über das Tierwohl stellen.
Jetzt ist es wichtiger denn je, für stärkeren gesetzlichen Schutz zu kämpfen, um zu verhindern, dass Unternehmensinteressen die Zukunft des Tierschutzes in der Schweiz bestimmen.
Ihre Stimme zählt
Als Verbraucher:innen, denen das Wohl der Tiere am Herzen liegt, haben Sie die Macht, einen Unterschied zu machen. Fordern Sie die Migros auf, ihre Entscheidung rückgängig zu machen, unterstützen Sie diejenigen Einzelhändler, die höhere Tierschutzstandards priorisieren, und ziehen Sie in Betracht, Tierprodukte durch pflanzliche Alternativen zu ersetzen.
Migros steht nun vor einer Entscheidung: ihren Ruf als verantwortungsbewusste Einzelhändlerin zu wahren oder ein System zu unterstützen, das Profit über Ethik stellt. Wir fordern sie auf, ihren Kurs zu ändern – bevor es zu spät ist.