Tiere in der Schweiz: Wie der Verwendungszweck ihren Schutz bestimmt

Wenn es um den Schutz von Tieren in der Schweiz geht, spielt der Verwendungszweck eine entscheidende Rolle. Das Tierschutzgesetz betont, dass das Wohlergehen der Tiere im Rahmen des Verwendungszwecks gewährleistet werden muss. Die Vorstellung, dass der Schutz von Tieren in der Schweiz vom Verwendungszweck abhängt, wirft jedoch Fragen auf. Ein genauer Blick auf diese Problematik offenbart die Notwendigkeit einer «RRRevolution!» im Umgang mit Tieren in der Landwirtschaft.

Kategorisierung nach Verwendungszweck

Tiere sind in der Schweiz durch die im Tierschutzgesetz verankerte Tierwürde geschützt. Die Verletzung dieser Tierwürde wird jedoch unter bestimmten Umständen rechtlich als gerechtfertigt angesehen, nämlich dann, wenn menschliche Interessen die eines Tieres überwiegen. Dabei spielt der Verwendungszweck eine wichtige Rolle: Im Tierschutzgesetz wird unter «Grundsätze» explizit festgehalten, dass im Umgang mit Tieren für ihr Wohlergehen gesorgt werden muss, «soweit es der Verwendungszweck zulässt» (TSchG, Art. 4, Abs. 1).

Wie wir Tiere verwenden, ist also ausschlaggebend dafür, welche menschlichen Interessen die Interessen eines Tieres überwiegen können. Dieser Zusatz führt dazu, dass im Umgang mit Tieren je nach Verwendungszweck andere Vorgaben existieren. Das ist eine absurde Vorstellung, wenn man bedenkt, dass ein Tier über bestimmte Bedürfnisse und Fähigkeiten verfügt – und diese natürlich nicht abhängig vom Verwendungszweck variieren.

Verwendungszweck bestimmt den Schutz

Tiere werden also je nach Verwendungszweck in unterschiedliche Kategorien eingeteilt: Wild-, Haus-, Versuchs- und Nutztier. Die Kategorie wiederum bestimmt darüber, welche Haltungsbedingungen gelten und wie der Schutz aussieht, der diesem Tier zukommt. Als Wildtier fällt ein Kaninchen unter das Jagdgesetz (JSG) und die Jagdverordnung (JSV), wo beispielsweise festgehalten wird, wie lange die Schonzeit dauert und sie somit nicht gejagt werden dürfen. Kaninchen können aber auch als Haustier oder als Nutztier gehalten werden. Hier kommt die Verordnung des BLV über die Haltung von Nutztieren und Haustieren zum Zug. Beispielsweise sollten Kaninchen generell immer in Gruppen gehalten werden, weil Sozialkontakte für sie wichtig sind. Mit Blick auf Kaninchen als Nutztiere ist das aber gerade bei Zuchtkaninchen nur schwer umsetzbar. Das menschliche Interesse daran, Kaninchen für den Fleischkonsum zu züchten, wird hier über das Bedürfnis des Kaninchens nach Kontakt zu Artgenossen gestellt.

Das bestätigt: Trotz der Einführung der Tierwürde ist das Tierschutzgesetz noch immer überwiegend auf menschliche Interessen ausgerichtet. Das führt dazu, dass bestimmte Tiere, wie zum Beispiel Hunde (als Haustiere), eher ein artgerechtes Leben führen können als andere Tiere, wie zum Beispiel Schweine (als Nutztiere).

«RRRevolution!» für Tiere in der Landwirtschaft

Hat ein Hund also mehr Würde als ein Schwein? Nein. Würde ist ein Wert, der allen gleichermassen zukommt. Aber unser Umgang mit Tieren unterscheidet sich je nachdem, in welche Kategorie die Tiere fallen – sprich wofür wir sie verwenden. So kommt es, dass im Umgang mit Hunden andere Regeln gelten als im Umgang mit Schweinen. Dass wir mit dieser Unterscheidung aufwachsen und diese nicht hinterfragen, hat schwerwiegende Folgen für die Tiere in der Landwirtschaft: 2022 wurden über 84 Millionen Tiere für unseren Fleischkonsum geschlachtet. In ihrem sehr kurzen Leben als sogenanntes «Nutztier» werden ihre individuellen Bedürfnisse über weite Strecken missachtet.

Aus diesem Grund setzt sich Sentience für die Tiere in der Landwirtschaft ein: Es betrifft unzählige Tiere und sie sind schlecht geschützt, weil viele Ausnahmen im Umgang mit ihnen existieren. Mit unserer «RRRevolution!» fordern wir, dass diesem enormen Leiden ein Ende gesetzt wird: Die Haltung von Tieren soll ständig verbessert (Refine), quantitativ verringert (Reduce) und – wo möglich – zwingend durch Alternativen ersetzt werden (Replace).

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