Unsere Initiative ist ein politischer Türöffner
Entgegen den Befürchtungen, dass eine Niederlage der Initiative an der Urne das Thema «Massentierhaltung» politisch blockieren würde, hat die Initiative bereits jetzt positive politische Prozesse angestossen und wird die Arbeit im Parlament auch in Zukunft vereinfachen. Vom präzedenzlosen Signal des Bundesrats, der mit seinem direkten Gegenentwurf den Handlungsbedarf bezüglich der Schweizer Tierstandards klar zum Ausdruck brachte, über die sehr progressiven Voten im Rat bis zu den direkt aus der Initiative resultierenden Forderungen im Rahmen der Behandlung der Agrarpolitik 2022+.
Der Gegenentwurf des Bundesrats scheint auf den ersten Blick ein vernachlässigbares Detail zu sein – hat das Parlament diesen doch gleich wieder beerdigt. Doch in Anbetracht dessen, dass unser Tierschutzgesetz bislang stets in den höchsten Tönen gelobt wurde, hatte das Bekenntnis des Bundesrats, dass hier grosser Handlungsbedarf bestehe, fast schon revolutionären Charakter. Insbesondere im Hinblick auf weitere tierschutzrelevante Vorstösse werden diese Aussagen relevant bleiben, können wir uns im Parlament in Bezug auf konkrete Verbesserungen doch stets auf Aussagen des Bundesrates berufen.
Auch in der Ratsdebatte während der Behandlung der Initiative fielen zahlreiche sehr progressive Wortmeldungen und Forderungen von Politiker:innen, die sich klar für die Initiative aussprachen und folglich wohl auch für eine weitere Zusammenarbeit in Bezug auf die Thematik offen wären. Auch das ist präzedenzlos: Noch nie in der Geschichte des Schweizer Parlaments wurden so weitreichende und klar formulierte Forderungen für eine stärkere Berücksichtigung der Tierwürde und einen konsequenten Paradigmenwechsel in der Schweizer Landwirtschaft gestellt.
Nicht zuletzt flossen die Forderungen der Initiative gegen Massentierhaltung auch in die Behandlung der Agrarpolitik 2022+ und in zahlreiche Vorstösse einzelner Politiker:innen ein. So scheiterte in der WAK eine Zielvorgabe für die Beteiligung an den Tierwohlprogrammen RAUS (Auslauf) und BTS (leicht grössere Stallungen) nur knapp. Auch wurden in der Folge mehrere tierwohlrelevante Vorstösse eingereicht. Die Debatte wurde durch die Initiative erst richtig angestossen und wird fortgeführt – auch weil viele Brücken zu Bäuerinnen und Bauern geschlagen werden konnten.
In Zukunft wird sich eine breite, durch die Initiative sensibilisierte, Allianz von Parlamentarier:innen für eine Stärkung der Schweizer Standards und eine Beschränkung tierquälerischer Importe engagieren. Eine von mir eingereichte Motion für mehr Kostenwahrheit und Transparenz, sowie eine Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit tierfreundlicher Produkte wurde noch im Winter 2022 vom Bundesrat angenommen und fand Mitunterstützende bis in die FDP. Die Stärkung der Tierwürde ist damit definitiv in der Mitte der Gesellschaft angekommen.