Rückblick: Welche Verantwortung tragen die Grossverteiler im Ernährungssystem?

Zum Jahrestag der Abstimmung zur Initiative gegen Massentierhaltung haben wir zusammen mit Julia Fischer (VIER PFOTEN, ehem. Co-Kampagnenleiterin der Initiative gegen Massentierhaltung), Stefan Flückiger (Faire Märkte Schweiz – Marchés Équitables Suisse) und Kurt Brunner (Landwirt, Haldenhof Hallwil) über die Verantwortung der Grossverteiler diskutiert.

Gemeinsam mit unseren Gästen ging Moderatorin Claudia Sedioli am 25. September der Frage nach, welche Weichen gestellt werden müssen, um die Transformation des Ernährungssystems zu beschleunigen. Dank den diversen Perspektiven aus Landwirtschaft, Markt und Tierschutz konnten wir ein umfassendes Bild zeichnen. Es wurde deutlich, dass der Detailhandel ein wichtiger Akteur im System ist. Er setzt Produktionsstandards, schafft Abhängigkeiten und beeinflusst das Konsumverhalten.

Schau dir jetzt das Video der Veranstaltung an:

Ein Jahr ist seit der Initiative vergangen und seitens Grossverteiler ist trotz wissenschaftlicher Belege für die katastrophalen Auswirkungen von Tierprodukten auf das Klima und der ambitionierten Klimastrategie des Bundes fast nichts passiert. Die Verantwortung wird weiterhin auf die Konsumierenden geschoben – obwohl die Grossverteiler klare Verkaufsstrategien haben. Gepriesen werden Labelprodukte und pflanzliche Alternativen – obwohl der Konsum von Tierprodukten konstant steigt.

Die Grossverteiler bestimmen heute, was produziert wird und was wir essen.

Aus Sicht der Landwirtschaft sind die Produkte aktuell zu günstig. Kurt Brunner hat es ausgerechnet: Würden alle Kosten (für Umwelt, Tierwohl und Mitarbeitende) einberechnet, kosteten die Eier von seinem Hof 5 CHF pro Stück. Der Landwirt hat sich auch bewusst gegen eine Zusammenarbeit mit den Grossverteilern entschieden. Durch ihre Marktmacht zwingen sie Bauernbetriebe, grösser und industrieller zu werden. Sie steuern zudem die Ernährungsentscheidungen der Konsumierenden. Die Grossverteiler bestimmen heute, was produziert wird und was wir essen.

Aus Marktperspektive liegt hier klassisches Marktversagen vor. Es sei hier die Verantwortung des Detailhandels und des Bundes, die von Kurt Brunner genannten externen Kosten in die Preisgestaltung einzubeziehen, so Stefan Flückiger. Mit einem Marktanteil von 70 bis 80% können die Grossverteiler massgeblich bestimmen, was gekauft wird.

Auch aus Tierschutzsicht besteht Handlungsbedarf beim Detailhandel, betonte Julia Fischer. Dieser verkaufe Tierwohl als Luxusgut und nicht als Mindeststandard. So tragen die Grossverteiler zu mehr und mehr Leid bei Hühnern in der Eier- und Fleischindustrie bei. Der Detailhandel macht Profite – den Preis dafür bezahlen die Tiere.

Für uns ist klar: Mit grosser Marktmacht kommt grosse Verantwortung. Es ist an der Zeit, dass die Grossverteiler ihrer Verantwortung gerecht werden und aktiv Weichen stellen für das Wohl von Tier, Mensch und Umwelt.

Ähnliche Beiträge

Logbuch: Das Leben eines Masthuhns in intensiver Geflügelhaltung

Logbuch: Das Leben eines Masthuhns in intensiver Geflügelhaltung

Das Gewicht eines Masthuhns nimmt in seinem kurzen Leben um das 33-fache zu. In der Schweiz werden jedes Jahr fast 80 Millionen Masthühner geschlachtet, 92% davon werden in intensiver Geflügelhaltung aufgezogen. Ihr Leiden ist vorprogrammiert...

Logbuch: Das Leben eines Masthuhns in intensiver Geflügelhaltung
Taten statt Worte: Helfen Sie uns JETZT, Qualzucht zu stoppen!

Taten statt Worte: Helfen Sie uns JETZT, Qualzucht zu stoppen!

Nur 8 Prozent aller Schweizer Masthühner sehen jemals den Himmel. 92 Prozent gehören zu den sogenannten Hochleistungsrassen, bei denen das Leid genetisch vorprogrammiert ist. Coop und Migros hätten es in der Hand, diese Entwicklung zu stoppen.

Taten statt Worte: Helfen Sie uns JETZT, Qualzucht zu stoppen!
Event-Rückblick: «Wie gelingt es uns, das Leid der ‹unsichtbaren Tiere› sichtbar zu machen?»

Event-Rückblick: «Wie gelingt es uns, das Leid der ‹unsichtbaren Tiere› sichtbar zu machen?»

Im Rahmen der aktuellen Kampagne «Unsichtbare Tiere» wollten wir wissen: Wie können wir das Leid von Tauben, Ratten, Bienen und Fischen sichtbar machen?

Event-Rückblick: «Wie gelingt es uns, das Leid der ‹unsichtbaren Tiere› sichtbar zu machen?»
Rückblick auf eine unvergessliche Jubiläumsfeier

Rückblick auf eine unvergessliche Jubiläumsfeier

In feierlicher Atmosphäre und bester Stimmung haben wir auf 10 Jahre Politik für Tiere zurückgeblickt und über die Herausforderungen der nächsten 10 Jahre gesprochen. Ein grosses Dankeschön an alle, die zu dieser gelungenen Feier beigetragen haben.

Rückblick auf eine unvergessliche Jubiläumsfeier
Die «unsichtbaren» Tiere brauchen deine Hilfe!

Die «unsichtbaren» Tiere brauchen deine Hilfe!

Die Berücksichtigung der Leidensfähigkeit als entscheidendes moralisches Kriterium ist das Kernanliegen von Sentience. Deshalb wollen wir denjenigen Tieren eine Stimme geben, deren Wohlbefinden in unserer Gesellschaft keinerlei Beachtung findet.

Die «unsichtbaren» Tiere brauchen deine Hilfe!
Wir brauchen ein starkes Gegengewicht

Wir brauchen ein starkes Gegengewicht

Die grossen Sitzgewinne der Agrarlobby bei den Parlamentswahlen im Herbst 2023 rückten eine zukunftsfähige Schweizer Landwirtschaft mit standortangepasster Lebensmittelproduktion in noch fernere Zukunft.

Wir brauchen ein starkes Gegengewicht
Jahresbericht 2023

Jahresbericht 2023

Unsere Vision, die Interessen nicht-menschlicher Tiere in die Mitte der Gesellschaft zu tragen, manifestierte sich auch im letzten Jahr in konkreten Projekten, einer politischen Forderung und der Bildung einer sektorenübergreifenden Allianz.

Jahresbericht 2023
Schlussbericht Protein Lab

Schlussbericht Protein Lab

Im letzten Herbst fand das Protein Lab statt. Ziel des Protein Lab war es zu verstehen, wie wir den Proteinwandel in der Schweiz beschleunigen können: weg von der Tierproduktion, hin zu einem pflanzenbasierten und nachhaltigen Konsum.

Schlussbericht Protein Lab