Rückblick Wintersession 2021

«Es gibt keine Massentierhaltung in der Schweiz» – wirklich? ????
In der Wintersession 2021 dominierte im Nationalrat die siebenstündige Debatte über die von Sentience lancierte Initiative gegen Massentierhaltung den tierpolitischen Diskurs – diese wurde schlussendlich abgelehnt. Trotz dieses Dämpfers gibt es aktuell auch positive Neuigkeiten: So hat das Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen verordnet, Schlachtungen ab Januar 2022 schonender durchführen, um dem Tierwohl mehr Sorge zu tragen. Und auch für «Pelztiere» gibt es Hoffnung, denn der Nationalrat hat mit grosser Mehrheit ein Importverbot tierquälerisch erzeugter Pelze gutgeheissen. Im Folgenden findest du unseren Überblick zur letzten Session.

Behandelte Geschäfte

Mehr als drei Jahre sind seit der Lancierung der Initiative gegen Massentierhaltung vergangen, nun hat der Nationalrat darüber debattiert und mit 111 zu 60 Stimmen bei 19 Enthaltungen entschieden, unsere Initiative abzulehnen. Sentience ist ausserordentlich enttäuscht über dieses gewissenlose Resultat. Mit diversen Beschwichtigungen und Unwahrheiten, etwa, dass es in der Schweiz keine Massentierhaltung gäbe, versuchte die bürgerliche Seite des Rates, das Problem klein zu reden. Ein Blick hinter die Kulissen des durch Werbespots vermittelten idyllischen Bilds der Schweizer Tierhaltung zeigt jedoch: das Leid der Hühner, Schweine und Kühe, die in riesigen Gruppen hochgemästet und ausgebeutet werden, ist real. Es braucht hier dringend eine Veränderung. Im Frühling wird der Ständerat über die Initiative abstimmen – bleibt zu hoffen, dass dieser mehr Verantwortungsbewusstsein an den Tag legt und die Initiative zur Annahme empfiehlt. 

Mit dieser Motion erreichte Matthias Aebischer einen Erfolg für die Tiere! 144 Nationalrät:innen sagten «Ja» zum Verbot von importiertem Pelz, der mittels tierquälerischer Praktiken erzeugt wurde. Denn importierte Pelzwaren in der Schweiz stammen heutzutage fast ausschliesslich aus Zuchten, in welchen die Pelztiere ihr Leben lang gequält und nicht selten bei lebendigem Leibe gehäutet werden. Wir freuen uns über diesen wichtigen Entscheid. Nach dem Nationalrat wird sich nun der Ständerat mit dieser Motion befassen.

Im Rahmen der Fragestunde erkundigte sich François Pointet, warum Tiere in der Schweiz gejagt werden können, obwohl sie auf der Roten Liste stehen. Bundesrätin Sommaruga erklärte, dass Rote Listen lediglich der Entscheidungsgrundlage dienen, welche Tiere gejagt werden dürfen – automatisch verboten ist das Jagen dadurch jedoch noch nicht. Ein Verbot gelte erst dann, wenn der Bestand einer Tierart in der gesamten Schweiz in besorgniserregender Weise zurückgehe.

Ein weiterer Erfolg im Nationalrat: Mit dieser Motion beauftragt Munz den Bundesrat, gesetzliche Grundlagen zu schaffen, um den Lebensmittelbetrug in der Schweiz besser zu ahnden. Auch Tierprodukte sind oft davon betroffen, wir erinnern uns beispielsweise an den bekannten Pferdefleisch-Skandal im Jahr 2013. Mehr Transparenz kommt nicht nur den Konsument:innen zugute, sondern wirft auch ein wenig Licht auf die problematischen internationalen Verstrickungen bei der Massentierhaltung. Sentience begrüsst deshalb die Annahme dieser Motion im Nationalrat. 

Der Ständerat hat äusserst knapp entschieden, gentechnisch veränderte Organismen, denen kein transgenes Erbmaterial eingefügt wurde, von der Verlängerung des Gentech-Moratoriums bis Ende 2025 auszunehmen. Die Konsequenzen einer solchen Ausnahme sind jedoch noch nicht ersichtlich und bergen grosse Risiken für Tiere in der Landwirtschaft. Denn die Forschung versucht seit einigen Jahren weltweit, die Genom-Editierung bei nicht-menschlichen Tieren für die Produktionssteigerung zu nutzen. Die Tierwürde würde dadurch komplett missachtet.

Das Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen hat die Verordnung über den Tierschutz beim Schlachten (VTSchS) revidiert und möchte ab Januar 2022 die Schlachtung für die Tiere schonender durchführen. Auch gelten erstmals Vorgaben für die Schlachtung von Fischen und Panzerkrebsen sowie für die Gasbetäubung von Hühnern und Truthühnern. 

Neue Geschäfte

Daunen von Wasservögeln werden dank ihrer Wärmefähigkeit und ihres geringen Gewichts zur Isolierung von Duvets, Jacken und Schlafsäcken verwendet. Beim Lebendrupf in der Massentierhaltung, wie es primär in China, Polen, der Ukraine und Ungarn praktiziert wird, werden Gänsen und Enten im Akkord von Hand oder maschinell die Federn ausgerissen. Dies verursacht starke Schmerzen, Panik und schwere Verletzungen. Auch Federn von toten Vögeln, die zeitlebens mehrmals lebendig gerupft wurden, können heute als «Totrupf» verkauft werden. Dies ist eine massive Irreführung der Konsument:innen auf Kosten der Tiere. Der Bundesrat wird deshalb beauftragt, eine Deklarationspflicht für Daunenprodukte zu erlassen, die von lebenden Tieren gerupft wurden. 

Mulesing ist eine schmerzvolle Methode, um den Fliegenmadenbefall bei Lämmern abzuwenden, die auf möglichst viele Hautfalten gezüchtet wurden, um den Wollertrag zu maximieren. Dabei werden im Allgemeinen 2 bis 10 Wochen alte Lämmer rücklings fixiert, um ihnen ohne Betäubung große Hautfalten am Hinterteil und um den Schwanz herum mit einer scharfen Schere abzuschneiden. Nach Verheilen der Wunde bleibt glattes, faltenfreies Narbengewebe zurück, das keinen Wollwuchs mehr aufweist. Der Bundesrat wird beauftragt, den Import von Wolle, die mittels solcher Verfahren hergestellt wurde, zu verbieten. Nur mulesingfrei-zertifizierte Wolle und Wollprodukte sollen in die Schweiz eingeführt werden.

  • Schluss mit tierquälerischem Welpenhandel – Martina Munz, SP (Zum Vorstoss)
  • Reduktion Antibiotikaeinsatz in der Kälbermast – Martina Munz, SP (Zum Vorstoss)
  • Tierquälerei bei Pferden an internationalen Wettberwerben verhindern! – Meret Schneider, Grüne (Zum Vorstoss)
  • Keine unlauteren Handelspraktiken in der Agrar- und Lebensmittelversorgungskette – Meret Schneider, Grüne (Zum Vorstoss)

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