30. Mai – 17. Juni 2022

Rückblick Sommersession 2022

Ständerat verhindert Richtungswechsel bei Pelzimporten
In der Sommersession 2022 fanden in National- und Ständerat eine Reihe von Abstimmungen statt, die nicht-menschliche Tiere tangieren. Besonders gefreut hat uns dabei die Annahme der Motion «Kein Schwanzcoupieren ohne Betäubung» von Grünen-Nationalrätin Meret Schneider im Ständerat, an der Sentience federführend beteiligt war. Ganzheitlich betrachtet war die Session jedoch von problematischen Entscheidungen geprägt. Prominentestes Beispiel ist die ständerätliche Ablehnung der Motion Aebischer, welche die Einfuhr tierquälerisch erzeugter Pelzprodukte einschränken wollte. Die Hoffnung für eine Annahme war gross, nachdem das Geschäft zunächst im Nationalrat erfolgreich gewesen war. Im Folgenden findest du einen detaillierten Überblick zur Sommersession.

Behandelte Geschäfte

Nachdem der Nationalrat die von Sentience erarbeitete Motion bereits Mitte letzten Jahres angenommen hatte, hat ihr nun auch der Ständerat zugestimmt. Damit endet künftig schweizweit die Praxis, Lämmern bis zu ihrem 7. Lebenstag ohne Schmerzausschaltung den Schwanz zu kürzen. Es handelt sich bei dieser Praxis um ein Relikt aus einer Zeit, als noch davon ausgegangen wurde, dass Jungtiere zahlreicher Spezies kaum schmerzempfindlich sind. Mittlerweile ist klar: Diese Annahme ist falsch. Die Gesetzeslage wird nun an den aktuellen Wissensstand angepasst.

Das Ziel von Kilian Baummans Motion war die Innovations- und Absatzförderung von Fleischersatzprodukten mithilfe unterschiedlicher Massnahmen. Als Begründung führt Baumann korrekterweise die Vorteile von Fleischersatzprodukten bezüglich Gesundheit und Umweltschutz an. Dennoch entscheidet der Nationalrat anders: Er lehnt die Motion mit 109 zu 78 Stimmen bei 2 Enthaltungen ab.

Nach langem Warten war es endlich soweit: Der Ständerat befasste sich in der Sommersession mit der Motion Aebischer, die ein Importverbot tierquäerisch erzeugter Pelzprodukte forderte. Nachdem der Vorstoss im Nationalrat noch mit einem guten Resultat angenommen wurde, entscheidet sich der Ständerat für die Ablehnung der Motion – eine groteske Entscheidung! Die ausländische Pelzindustrie verursacht bei der Jagd und auf Pelzzuchtbetrieben unfassbares Leid, das in zahlreichen Fällen unter dem aktuellen Schweizer Tierschutzgesetz illegal wäre. Trotzdem konnte sich der Ständerat nicht dazu durchringen, dem Import dieser Produkte einen Riegel vorzuschieben. Fakt bleibt: Ohne ein explizites Importverbot für Produkte wie diese unterstützt die Schweiz Tierquälerei.

Schlechte Nachrichten aus dem Ständerat: Das Gremium konnte sich nicht dazu durchringen, den Import von Jagdtrophäen einzuschränken. Die Motion der ehemaligen GLP-Nationalrätin Isabelle Chevalley sollte die Einfuhr und die Durchfuhr von Jagdtrophäen verbieten, die von Tieren stammen, die in den Anhängen I bis III des Artenschutzübereinkommens (CITES) aufgeführt sind. Dazu gehört zum Beispiel der Afrikanische Elefant, der für seine Stosszähne gejagt wird. Das Leid, das durch die Jagd dieser Wildtiere verursacht wird, ist beträchtlich. Der Fakt, dass die Schweiz es nicht schafft, minimale Massnahmen zu ergreifen, um diesem Vorgehen einen Riegel zu schieben, ist enttäuschend und beschämend.

Der Ständerat hat die Motion Roberto Zanetti zur finanziellen Förderung für das Belassen von Hörnern an hörnertragenden Tieren als erstbehandelnder Rat angenommen. Die Praxis des Enthornens von Kühen ist in der Milch- und Fleischindustrie weit verbreitet. Gemäss aktuellen Daten wurden schätzungsweise 73 Prozent der Kühe in der Milchindustrie die Hörner entfernt. Bei diesem Eingriff werden Kälbern nach einer lokalen Schmerzausschaltung die Hörneransätze ausgebrannt. Die Prozedur ist mit Stress verbunden und kann zu Veränderungen im Verhalten der Tiere führen und deren Wohlbefinden negativ beeinflussen.

Diese Motion von der Grünen-Nationalrätin Meret Schneider hätte zum Ziel gehabt, künftig allen Schweinen Zugang zu einem eingestreuten Liegebereich zu gewähren. Aktuell verbringt ein Drittel der Schweine in der Schweiz ihr Leben auf Beton- und Plastikmattenböden. Zu unserem Unverständnis lehnte der Nationalrat diese Motion mit 86 Ja- zu 100 Nein-Stimmen ab. Dies, obwohl Einstreu die Lebensqualität der Schweine signifikant verbessern würde. Einstreu ist gut für die Hygiene der Tiere und gibt ihnen die Möglichkeit, Verhaltensmuster wie das Erkunden und das Spielen auszuleben. Diese Ablehnung bestätigt einmal mehr, dass wir die Initiative gegen Massentierhaltung brauchen. Diese Beinhaltet die Forderung nach Einstreu für alle Tiere und würde einen enormen Fortschritt für das Tierwohl in der Schweiz bedeuten.

Neue Geschäfte

Dieses Postulat spricht ein wichtiges Problem an: Für Versuche an Tieren werden deutlich mehr Tiere gezüchtet und getötet als eigentlich nötig wären. Dies liegt daran, dass bei der Züchtung von genetisch veränderten Tieren (z.B. Mäusen oder Fischen) nicht alle das geeignete Geschlecht oder die geeignete genetische Mutation für den Versuch aufweisen. Diese «überschüssigen» Tiere werden dann mit CO2 getötet und entsorgt. Bei gentechnisch veränderten Mäusen ereilt ca. 80% aller Tiere dieses Schicksal, bei Fischen sind es sogar 95%. Hier besteht dringender Handlungsbedarf. Das 3R-Prinzip (Refine, Reduce, Replace) muss konsequent umgesetzt werden – unserer Meinung nach nicht nur in der Forschung, sondern auch in der Landwirtschaft.

  • Rodentizide: Wie sieht es mit dem Einsatz von Gerinnungshemmern aus und welche Alternativen gibt es? – Léonore Porchet (Zum Vorstoss)

  • Keine Anreize zur Überproduktion im Eiermarkt – Meret Schneider, Grüne (Zum Vorstoss)

  • Alternativen zur Ferkelkastration mit lsofluran prüfen – Martina Munz, SP (Zum Vorstoss)
  • Keine Vernichtung von konsumierbaren Fleischwaren im Detailhandel! – Meret Schneider, Grüne (Zum Vorstoss)
  • Deklarationspflicht und Zollbeschränkungen für Fleisch von mehrtägigen Tiertransporten aus dem Ausland – Meret Schneider, Grüne (Zum Vorstoss)

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