Rückblick Herbstsession 2022
Nur die Affen dürfen sich freuen
Aus Tierwohlsicht stand die Abstimmung rund um die Initiative gegen Massentierhaltung in den vergangenen Wochen im politischen Scheinwerferlicht. In der zeitgleich stattfindenden Herbstsession von National- und Ständerat wurden aber zahlreiche weitere Tierschutzanliegen behandelt, so zum Beispiel die Motion zum «Hörnerfranken», welche als Antwort auf die abgelehnte Hornkuh-Initiative eingereicht worden war. Worüber wurde sonst noch abgestimmt? Welche neuen Vorstösse wurden eingereicht? Im Folgenden findest du einen detaillierten Überblick zur Herbstsession.
Behandelte Geschäfte
Deklaration von Kokosprodukten aus affenquälerischer Produktion
Meret Schneider, GrüneBei einer Motion zur Deklaration tierquälerisch produzierter Kokosprodukten konnte im Nationalrat vergangene Woche ein Erfolg erzielt werden. Der von der Grünen Nationalrätin Meret Schneider eingereichte Vorstoss fand mit 92 zu 91 Stimmen, bei 5 Enthaltungen, eine knappe Mehrheit. Schneider fordert eine Deklarationspflicht für Produkte, die unter Einbezug von Affen produziert wurden, z.B. bei Tieren, die als Erntehelfer:innen ausgenutzt werden. Der Code zur Nachverfolgbarkeit der Herkunft müsse dabei um einen für Konsumierende klaren Hinweis auf die tierquälerische Produktion ergänzt werden. Sentience begrüsst den Entscheid des Nationalrates und hofft darauf, dass auch der Ständerat eine Annahme beschliesst.
Wie kann das mit grossem Tierleid behaftete Züchten und Töten hunderttausender Labortiere reduziert werden?
Maya Graf, GrüneKnappe Niederlage im Ständerat: Mit ihrem Postulat beauftragte die Grüne Ständerätin Maya Graf den Bundesrat, einen Bericht darüber zu verfassen, «wie die hunderttausenden Labortiere, die jedes Jahr bei der Zucht von Versuchstieren entstehen und überzählig sind, nachhaltig reduziert werden können». Das Anliegen scheiterte mit 18 zu 15 Stimmen, bei 2 Enthaltungen. Sentience zeigt sich enttäuscht über die Ablehnung – eine strengere Regulierung der Versuchstierzucht ist weiterhin ein wichtiges politisches Anliegen, das verfolgt werden muss.
Einen «Hörnerfranken» als Tierwohlbeitrag einführen (Hornkuh-Motion)
Roberto Zanetti, SPGrosse Enttäuschung bei Armin Capaul und der IG Hornkuh: Roberto Zanettis ständerätliche Motion zur Einführung des sogenannten «Hörnerfrankens» scheitert knapp im Nationalrat. Das Anliegen wurde mit 92 zu 86 Stimmen, bei 13 Enthaltungen, abgelehnt. Die Initiatiant:innen der Hornkuhn-Initiative, über welche 2018 abgestimmt worden war, hatten bereits vor der Schlussabstimmung im Nationalrat angekündigt, im Falle einer Ablehnung eine neue Initiative (die «Naturkuh-Initiative») einzureichen. Der Verfassungstext dafür wurde von der Bundeskanzlei bereits geprüft.
Amtliche Tierschutzkontrollen nachhaltig aus dem Landwirtschaftsbudget mitfinanzieren und transparent machen
Tiana Angelina Moser, GLPAuch die Motion von Nationalrätin Moser zur Finanzierung amtlicher Tierschutzkontrollen aus dem Landwirtschaftsbudget wurde vom Nationalrat abgelehnt. Die Forderung der Motion ist eine Selbstverständlichkeit: effiziente und wirksame Kontrollen sowie ein konsequenter Vollzug des Tierschutzgesetzes. Dass die Vertreter:innen der Landwirtschaft nicht geeint dazu beigetragen haben, diese Schwächen der Kontrollinstanzen zu beseitigen, ist enttäuschend. Aus Sicht von Sentience sind starke Kontrollmechanismen in der Landwirtschaft zentral, um das Tierwohl auf den Betrieben sicherzustellen. Für uns ist klar: Trotz Ablehnung dieser Motion darf das Thema nicht vom Tisch sein.
Fleischwerbung nur für Produkte der Tierwohlprogramme
Martina Munz, SPEine spannende Motion von SP-Nationalrätin Martina Munz wird leider bereits im Nationalrat gebodigt: In ihrem Vorstoss forderte Munz, «die rechtlichen Voraussetzungen so anzupassen, dass die Absatzförderung von tierischen Produkten beschränkt ist auf Produkte von Tieren, die regelmässigen Auslauf im Sinne des RAUS-Programms gehabt haben». Vorstösse zu Werberegulierungen bei Tierprodukten sind nicht neu und wurden in dieser Legislaturperiode bereits einige Male eingereicht – leider bisher erfolglos. Wir hoffen, dass sich das spätestens in der nächsten Legislatur ändern wird.
Neue Geschäfte
Globale Abhängigkeiten in der Hühnerzucht
Meret Schneider, GrüneEine neue Interpellation von Meret Schneider adressiert das wichtige Thema Abhängigkeiten beim Import von Elterntieren in der Hühnermast. Schneider verlangt beim Bundesrat Auskunft über die genaue Herkunft der Tiere, die Einschätzung zum Abhängigkeitsgrad der Schweiz von ausländischen Konzernen, die Mortalitätsrate der Tiere sowie die Aussichten auf eine Lösung, die keine Importe benötigt. Das Leid von Elterntieren in der Hühnermast ist enorm und die Transparenz, die dieser Vorstoss bringt, ist aus Sicht von Sentience enorm wichtig.
Hungernde Mastelterntiere bei Hybridrassen
Meret Schneider, GrüneIm Rahmen des Abstimmungskampfes zur Initiative gegen Massentierhaltung machte anfangs September die restriktive Fütterung von Mastelterntieren landesweit Schlagzeilen. Die Thematik brachte Meret Schneider dazu, auch hierzu eine Interpellation einzureichen. Sie möchte u.a. erfragen, ob die aktuelle Haltung von Mastelterntieren mit dem Schweizer Tierschutzgesetz kompatibel ist und ob aus Sicht des Bundes Handlungsbedarf besteht.
Frösche in den Teich statt auf den Teller!
Meret Schneider, GrüneIn einer neuen Motion beauftragt Meret Schneider den Bundesrat, unter Berücksichtigung internationaler Verpflichtungen, ein Importverbot für Froschschenkel und für lebende Frösche zu Speisezwecken zu erlassen. Eine wichtige Forderung, zumal alljährlich mehrere hundert Millionen Frösche getötet werden. «Gegessen werden meist nur ihre Schenkel, der Rest wird weggeworfen. Noch heute werden den Fröschen, meist bei lebendigem Leib, die Beine abgeschnitten», schreibt Schneider. Sentience ist erfreut über die breite Unterstützung für diese Forderung: Mitunterzeichnende sind u.a. die SVP-Nationalräte Mike Egger und Martin Haab.
Weitere wichtige neue Geschäfte
- Schweizer Lebensmittel in Kantinen des Bundes fördern – Florence Brenzikofer, Grüne, (Zum Vorstoss)
- Pflanzenschutzmittel, die für Menschen, Insekten oder Gewässerlebewesen toxisch sind. Keine Zulassung mehr für die nichtberufliche Anwendung – Maya Graf, Grüne, (Zum Vorstoss)