Migros Tierwohl-Skala: Kein Wundermittel gegen Massentierhaltung

Sentience Politics – die Trägerorganisation der «Initiative gegen Massentierhaltung» – begrüsst die Einführung einer Tierwohl-Skala auf Migros-Produkten. Sentience Politics sieht die Hauptverantwortung im Bereich Tierwohl weiterhin bei der Migros und nicht primär bei den Konsumierenden. Ähnliche Massnahmen aus dem nahen Ausland hatten bereits in der Vergangenheit nicht den erhofften Effekt.

Sentience Politics zeigt sich grundsätzlich erfreut über die Bereitschaft des Migros Genossenschafts-Bundes, das Tierwohl künftig auf sämtlichen Tierprodukten der Eigenmarken zu deklarieren. Die Organisation ist überzeugt, dass aufgeklärte Konsument*innen auf dem Weg zu einem nachhaltigeren und tierfreundlicheren Ernährungssystem ohne Massentierhaltung von grosser Bedeutung sind. Aus Sicht von Sentience Politics ist erhöhte Transparenz ein erster Schritt, sie ist allerdings kein Wundermittel.

Der Migros Genossenschafts-Bund steht in der Verantwortung, den Absatz von besser bewerteten Produkten aktiv zu fördern und dafür zu sorgen, dass sich Produkte aus Massentierhaltung auf lange Sicht nicht mehr in den Regalen der Supermärkte finden lassen. Unsere Bedenken sind folgende:

Verantwortung
Die Deklaration entbindet den Detailhandel von der Verantwortung und schiebt sie den Konsumierenden zu. Aus unserer Sicht greift dieser Ansatz zu kurz, weil er die Machtposition des Detailhandels in dieser Problematik zu wenig hervorhebt. Der Detailhandel richtet sich bei der Auswahl der eigenen Produktpalette zwar nach dem Kundenbedürfnis, kann aber auch selbst entscheiden, ob schlecht bewertete Produkte in den Regalen landen oder nicht. Auf dem Weg zu einer Schweiz, die ohne Produkte aus Massentierhaltung auskommt, reicht es nicht, sich auf bewusste Kaufentscheidungen der Konsumierenden zu verlassen – vielmehr muss der Detailhandel selbst in die Pflicht genommen werden und Produktentscheidungen treffen, die sich allenfalls nicht unmittelbar in einem steigenden Umsatz widerspiegeln.

Erfahrungswerte
Der Migros Genossenschafts-Bund ist nicht die erste Detailhändlerin, die den Schritt einer transparenten Produktbewertung wagt. Die vergleichbare deutsche «Initiative Tierwohl» wurde 2015 in Zusammenarbeit zwischen Handel, Fleisch- und Landwirtschaft gestartet und in verschiedenen Supermarktketten lanciert. Ein Jahr nach Einführung war das ernüchternde Fazit, dass die Verbraucher*innen weiterhin sehr stark auf den Preis schauen: 90% des gekennzeichneten Rindfleisches und 80% des Schweinefleisches in den Supermärkten waren auf der 4-stufigen Skala mit der tiefsten Rating-Stufe 1 gekennzeichnet. Bei Geflügel war Rating-Stufe 2 am meisten verbreitet. Sentience Politics möchte die Migros deshalb dazu anhalten, diese Verkaufszahlen nicht nur transparent und proaktiv zu kommunizieren, sondern – falls notwendig – zusätzliche Massnahmen zu lancieren, um Mehrverkäufe auf möglichst hohen Rating-Stufen sicherzustellen.

Ähnliche Beiträge

Wir präsentieren: Das Protein Lab.

Wir präsentieren: Das Protein Lab.

Was steht für Sentience im Jahr 2023 an? Ein wichtiges Projekt ist das Protein Lab: Es umfasst eine Reihe von eintägigen Workshops, die den Austausch und die Zusammenarbeit von Fachexpert:innen fördert.

Wir präsentieren: Das Protein Lab.
Die Tierzahlen müssen sinken

Die Tierzahlen müssen sinken

Wenn die Schweiz Probleme wie Umweltbelastung, Treibhausgasemissionen und Biodiversitätsverlust ernsthaft angehen will, darf sie sich einer Diskussion um den Konsum von Tierprodukten nicht entziehen. Was es braucht, sind systemische Lösungsansätze.

Die Tierzahlen müssen sinken
Abstimmung zur Initiative gegen Massentierhaltung im September 2022

Abstimmung zur Initiative gegen Massentierhaltung im September 2022

Vier Jahre nach Lancierung unserer Initiative ist das Abstimmungsdatum endlich bekannt: Der Bundesrat hat heute entschieden, dass die Initiative gegen Massentierhaltung dem Volk am 25. September 2022 zur Abstimmung vorgelegt wird.

Abstimmung zur Initiative gegen Massentierhaltung im September 2022
Wer Tiere liebt, vermindert ihr Leid

Wer Tiere liebt, vermindert ihr Leid

Sind Vegetarierinnen und Veganer die natürlichen Feinde landwirtschaftlich gehaltener Tiere? Nein. Sie nehmen das Leid der Tiere ernst und ziehen entsprechende Konsequenzen. Eine Replik.

Wer Tiere liebt, vermindert ihr Leid
Tierleid ist nie nachhaltig!

Tierleid ist nie nachhaltig!

In der Sendung «Einstein» des Schweizer Fernsehens dreht sich in der Folge vom 17. Februar alles um ein Thema: nachhaltige Ernährung. Thematisiert wird auch die Massentierhaltung – leider ungenügend. Eine Einschätzung.

Tierleid ist nie nachhaltig!
Milch: Echt starke Propaganda

Milch: Echt starke Propaganda

Die Milchbranche hatte in der Schweiz lange einen hervorragenden Ruf. Nun beginnt das Image der Milchindustrie zu bröckeln. Gründe dafür gibt es viele.

Milch: Echt starke Propaganda
Die Antibiotikalypse naht

Die Antibiotikalypse naht

Die EU diskutiert über strengere Einschränkungen beim Einsatz von Antibiotika in der Tierhaltung. Die Massentierhaltung fördert das Aufkommen gefährlicher, resistenter Keime – auch in der Schweiz. Das kann für uns Menschen gefährlich werden.

Die Antibiotikalypse naht
Billig, billiger, Billigfleisch

Billig, billiger, Billigfleisch

Das Bundesamt für Landwirtschaft möchte Werbung für Billigfleisch verbieten. Das ist zwar ein guter erster Schritt, reicht für einen langfristigen Wandel jedoch nicht aus.

Billig, billiger, Billigfleisch