Klimastrategie Landwirtschaft und Ernährung: Tierschutz begrüsst Massnahmen

Der Bund hat heute seine neue Klimastrategie für Landwirtschaft und Ernährung vorgestellt. Sie zielt unter anderem auf eine Erhöhung des Anteils pflanzlicher Lebensmittel an unserer Ernährung ab. Tierschützer:innen begrüssen die Stossrichtung, wünschen sich aber ein entschiedeneres und konsequenteres Vorgehen. Klimawandel und Tierleid erfordern schnelles und ehrgeiziges Handeln, heisst es seitens vier Organisationen.

Ein wichtiges Ziel der Strategie ist es, die Treibhausgasemissionen der Landwirtschaft bis 2050 um 40 Prozent zu senken. Der Landwirtschaftssektor soll nun also doch noch Reduktionsziele erhalten, die mit jenen anderer Sektoren vergleichbar sind. «Dies ist längst überfällig», so Céline Schlegel, Geschäftsleiterin von Animal Rights Switzerland. «Die Landwirtschaft ist für fast 16% der Schweizer Treibhausgasemissionen verantwortlich. Trotzdem stagnieren sie seit 2000 auf dem gleichen Niveau und schiessen deshalb regelmässig weit über die Reduktionsziele hinaus

Einen wichtigen Hebel sieht der Bund auch bei der Erhöhung des Anteils pflanzlicher Lebensmittel an unserer Ernährung. Die wissenschaftlichen Erkenntnisse der letzten Jahre zeigen klar, dass Tierprodukte durchwegs schlechter für unsere Umwelt sind als pflanzliche Proteine: «Dass der Bund endlich die Vorteile pflanzlicher Lebensmittel erkannt hat, ist begrüssenswert. Denn aktuell erhalten Tierprodukte 82% der jährlich knapp 3 Milliarden landwirtschaftlichen Subventionen. Ein krasser Fehlanreiz, der die Leute von tier- und umweltfreundlichem Essen abhält.» meint Sarah Moser von der Veganen Gesellschaft Schweiz.

Vom Wandel weg vom Konsum von Tierprodukten und der damit verbundenen Reduktion der Tierbestände würden laut den Organisationen insbesondere auch die Tiere profitieren. In den letzten 20 Jahren hat sich die Anzahl geschlachteter Tiere auf 84 Millionen verdoppelt. Nach wie vor lebt ein Grossteil dieser Tiere in ethisch hochgradig problematischer Intensivhaltung. «Die meisten Tiere leiden auch hierzulande unter fragwürdigen Lebensbedingungen und sehen den Himmel nur am Tag ihrer Schlachtung. Eine allgemeine Reduktion der Tierbestände ist aus tierethischer Sicht darum klar die richtige Lösung», sagt Philipp Ryf, Co-Geschäftsleiter von Sentience und ehemaliger Co-Kampagnenleiter der Initiative gegen Massentierhaltung. Ein erhöhter Anteil pflanzlicher Lebensmittel käme also nicht nur Umwelt und Gesellschaft, sondern auch den Tieren zugute.

Eine andere Massnahme der Strategie zielt darauf ab, ackerfähige Flächen vermehrt direkt für die menschliche Ernährung zu nutzen. Auch dieses Ziel trifft bei den Organisationen auf Zustimmung: «Es ist sinnvoll, dass unsere Ackerflächen zunehmend für uns Menschen bepflanzt werden. Dass auf dem Grossteil des Ackerlandes – auf rund 60% – Tierfutter wie Mais und Futtergetreide angebaut wird, ist ein Unding. Nun müssen zwingend die Tierbestände sinken», so Céline Schlegel von Animal Rights Switzerland.

Trotz richtiger Stossrichtung sind die Tierschützer:innen nicht völlig überzeugt. «Die Strategie geht zwar in die richtige Richtung. Doch sie ist in Anbetracht der grassierenden Umweltprobleme und der unhaltbaren Lebensbedingungen der Tiere viel zu wenig ehrgeizig. Der Fleischindustrie werden in der Strategie immer noch zu viele Zugeständnisse gemacht und die Senkung der Tierbestände wird nicht klar verankert. Hinzu kommt, dass die Effektivität der Strategie stark von ihrer Umsetzung abhängt», konstatiert Andreas Rüttimann, rechtswissenschaftlicher Mitarbeiter der Stiftung für das Tier im Recht. Eine Umsetzung der Massnahmen mit der nächsten Agrarreform in 7 Jahren komme für Klima und Tiere zu spät. Der 6. IPCC-Synthesebericht von diesem Frühjahr zeige klar, dass die nächsten paar Jahre entscheidend sind.

Kontaktperson

Philipp Ryf
Philipp Ryf
Geschäftsleitung, Leitung Kampagnen & Politik
Mehr zu Philipp Ryf