Ein Tier ist ein Tier
Mit der grob fahrlässigen Falschaussage, dass 78 Prozent aller Tiere hierzulande Auslauf hätten, wurden die Stimmberechtigten im Vorfeld der Initiative gegen Massentierhaltung hinters Licht geführt. Die zynische und skandalöse Berechnung des Bundesamtes für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV) zeigt eindrücklich, wie dringend es unsere «RRRevolution!» braucht.
Der Bund rechnete letzten September im Abstimmungsbüchlein das Tierwohl schön und führte damit die Stimmberechtigten in die Irre. Vier von fünf Tieren hätten hierzulande Auslauf, hiess es im Text. Dass diese Zahl nicht stimmen kann, wird spätestens beim Blick auf die Schlachtzahlen klar. 2022 wurden in der Schweiz rund 85 Millionen Tiere geschlachtet. Über 80 Millionen dieser Tiere waren Masthühner. Und seien wir mal ehrlich: Wer hat das letzte Mal ein Masthuhn im Freien gesehen?
Tatsächlich haben 8 Prozent der Masthühner und gerade einmal 13 Prozent aller Tiere in der Landwirtschaft Zugang ins Freie. Um diesen Missstand unter den Tisch zu kehren, werden Bund und Industrie kreativ. So rechnen sie die Schweizer Tierbestände nicht insgesamt, sondern jeweils zu einem Stichtag. Tiere, die weniger als ein Jahr leben, tauchen dadurch nur dann in der Statistik auf, wenn sie nicht vor diesem Stichtag getötet werden oder erst danach in die Mast kommen.
Vor allem die Zahl der Masthühner, die gerade einmal einen Monat alt werden, wird dadurch massiv unterschätzt. Denn gemäss Schweizer Agrarbericht leben in der Schweiz statt der eingangs erwähnten 80 Millionen «nur» rund 12.5 Millionen Masthühner. Weil Schweizer Masthallen bis zu sieben Mal im Jahr neu «besetzt» werden, werden über 65 Millionen Hühner nicht mitgezählt. Auch Schweine, Rinder und Kälber, die nur wenige Monate leben, fallen durch diesen perfiden Trick aus der Statistik.
Wer jetzt bereits den Kopf schüttelt, muss sich gefasst machen, denn die Irreführung hat erst gerade begonnen. Um auf die eingangs erwähnten 78 Prozent zu kommen, braucht es mehr als die Rechnung mit Stichtag. Der richtige Coup erfolgt dadurch, dass der Bund Tiere nicht als Individuen, sondern in sogenannten Grossvieheinheiten (GVE) zählt. Dabei wird das (ungefähre) Gewicht einer Kuh als Massstab genommen und andere Tiere werden als Bruchteil davon gerechnet.
So werden etwa 6 Schweine oder 250 Masthühner einer erwachsenen Kuh gleichgesetzt. Besitzt eine Bauernfamilie 500 Masthühner ohne Auslauf und 2 Kühe, die auf eine Weide dürfen, bedeutet dies, dass 50 Prozent der Tiere auf dem entsprechenden Hof Auslauf haben. Dieser «Bauerntrick» ist zynisch und zeigt, dass Bund und Industrie Tiere nicht als fühlende Lebewesen, sondern als Ware betrachten. Doch ein Tier ist ein Tier – und jedes Tier verdient es, ein würdevolles Leben zu führen.
Mit unserer «RRRevolution!» fordern wir den Bund dazu auf, die Tierwürde endlich ernst zu nehmen und allen Tieren in der Schweizer Landwirtschaft Auslauf zu gewähren – unabhängig ihrer Spezieszugehörigkeit.